Station5

Texte zur HÖRSTATION „Koesslers Chorwerke“ (ein Auszug davon) aus der CD „Hans Koessler – Chorwerke“, Cantabile Regensburg – Matthias Beckert, Helbling Verlag

Track  5 „Wenn sich zwei Herzen scheiden“  (Liebe in ihrer schmerzhaft romantischen Kehrseite)

Wenn sich zwei Herzen scheiden,

Die sich dereinst geliebt,

Das ist ein großes Leiden,

Wie’s größres nimmer gibt.

Es klingt das Wort so traurig gar: Fahr wohl, fahr wohl auf immerdar!

Als ich zuerst empfunden,

Daß Liebe brechen mag,

Mir war’s, als sei verschwunden

Die Sonn‘ am hellen Tag.

Mir klang’s im Ohre wunderbar: Fahr wohl, fahr wohl auf immerdar!

Mein Frühling ging zur Rüste,

Ich weiß es wohl warum;

Die Lippe, die mich küßte,

Ist worden kühl und stumm.

Das eine Wort nur sprach sie klar:

Fahr wohl, fahr wohl auf immerdar!

Emanuel Geibel – Denkmal in Lübeck
Wikimedia CC-BY-SA-3.0-DE Stephan Grimm

Dichter: Emanuel Geibel

Franz Emanuel August Geibel (* 17. Oktober 1815 in Lübeck; † 6. April 1884 ebenda) war ein deutscher  Lyriker. Er war ein literarisch hoch geschätzter und außergewöhnlich populärer Autor, dessen kunstvolles Liederwerk Komponisten wie Robert Schumann, Hugo Wolf, Felix Mendelssohn Bartholdy und Johannes Brahms inspirierte. Seine Wertschätzung ließ im 20. Jahrhundert (ab etwa 1915) stark nach. Weithin bekannt geblieben sind sein Wanderlied Der Mai ist gekommen und die Schlussverse des Gedichts Deutschlands Beruf. 1861, Und es mag am deutschen Wesen / einmal noch die Welt genesen, die u. a. Kaiser Wilhelm II. zum politischen Schlagwort umformte (Am deutschen Wesen mag die Welt genesen). […]

Geibel war ein hochbegabtes Ausnahmetalent, das von seinen Eltern und Lehrern (Friedrich Jacob und Johannes Classen) nach Kräften gefördert wurde, vor allem im Umgang mit griechischer und römischer sowie klassizistischer und romantischer Poesie. […]

Von den frühesten Veröffentlichungen an zog Geibel starken Zuspruch und harsche Kritik auf sich. …

Schon zu seinen Lebzeiten wurden Spott und Kritik in Verbindung gebracht mit dem Neid auf den Erfolg des Lyrikers. Zu beachten ist auch die hohe Wertschätzung, die Geibel bei Autoritäten der deutschen Literaturwissenschaft zwischen 1860 und 1918 fand. […]

Geibel ist nach Heinrich Heine derjenige deutschsprachige Dichter, dessen Gedichte am häufigsten in Musik gesetzt worden sind. Nach einer 1919 veröffentlichten Studie von Wilhelm Stahl gab es zu diesem Zeitpunkt 3679 Vertonungen von 288 Gedichten Geibels. Geibel selbst erwähnte 1874 30 Kompositionen zu Der Mai ist gekommen und 40 zu Fern im Süd das schöne Spanien. Im Bereich Kunstlied blieben Vertonungen Geibelscher Gedichte ungebrochen hochgeschätzt.


Track  6 „So öffne dich, o Herz, der Liebe“ (Liebe in schöner poetischer Verpackung …).

Text:

Und ob der holde Tag vergangen

Mit seiner frühlingshellen Pracht,

Der Blume wird es doch nicht bangen

Vor trüber, sternenloser Nacht.

Denn was von Strahlen sich ergossen,

Das webt in ihr den schönsten Traum;

Des Frühlingswonne ruht verschlossen

In ihres Kelches duft’gem Raum.

So öffne dich, o Herz, der Liebe,

Schließ‘ ihre Strahlen in dich ein,

Dann wird’s in Nächten bang und trübe

In deinem Innern Frühling sein.

Julius Sturm
Wikimedia public domain U.S.

Dichter: Julius Sturm

Julius Carl Reinhold Sturm, auch Julius Karl Reinhold Sturm, Pseudonym Julius Stern; (* 21. Juli 1816 in Köstritz; † 2. Mai 1896 in Leipzig) war ein deutscher Dichter der Spätromantik. Außerdem war Sturm von 1856 bis 1885 Pfarrer von Köstritz. Er verfasste zahlreiche Gedichte und Prosa-Werke, die er in etwa 30 Büchern veröffentlichte.

… Sturms Texte gelten als religiös geprägt und empfindsam.


Track  9 „Einsamkeit“ (… mit einem typisch romantischem Sehnsuchtstext)

Einsamkeit

Nun ist es still da draußen.

Die Wälder rauschen sacht,

Die Ströme murmelnd rinnen,

Es geht ein tiefes Sinnen

Hin durch die tiefe Nacht.

Des Windes leises Wehen

Säuselt im hohen Ried;

Die Sterne droben kreisen,

Tönend in ewigen Weisen,

Ihr ewig großes Lied.

Die Welt ist groß und prächtig

Zu solcher stillen Zeit;

Es schweigt das eigne Denken,

Es will ins All versenken

Sich stumm das eigne Leid.

Dichter: Leonhard von Prittwitz-Gaffron

Prittwitz-Gaffron, gen. Von Kreckwitz, Leonhard, ältester Sohn des Vorigen [Konrad Bernhard Karl von], wurde am 8. Juli 1856 zu Guhlau, Kr. Reichenbach in Schlesien, geboren, genoß seinen ersten Unterricht im elterlichen Hause und besuchte seit 1870 das Gymnasium, nach dessen Absolvierung er in Breslau und Halle die Rechte studierte, ohne indes die juristische Laufbahn weiter zu verfolgen. Er ist Oberleutnant a. D., Ehrenritter des Johanniterordens und seit dem Tode seines Vaters Majoratsherr auf Hennersdorf bei Reichenbach in Schlesien.


Track 16 „Der 46. Psalm“

Insgesamt Spieldauer des Psalms auf der CD ist 13:58 – an der Hörstation hören wir „nur“ 4:40 davon; so gewinnt man jedoch bereits einen guten Eindruck von der Anlage der Komposition und warum Koessler den Kompositionswettbewerb gewann. Es war der Beginn der Freundschaft mit Brahms.

Gott ist uns’re Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in den größten Nöten, die uns getroffen haben.

Darum fürchten wir uns nicht, wenn gleich die Welt unterginge und die Berge mitten ins Meer sänken, wenn gleich das Meer wütete und wallte und von seinem Ungestüm die Berge einfielen.

Dennoch soll die Stadt Gottes fröhlich bleiben mit ihren Brünnlein, da die heiligen Wohnungen des Höchsten sind. Gott ist bei ihr drinnen, darum wird sie wohl bleiben, Gott hilft ihr Frühe.

———- 4:40 ———-

Die Heiden müssen verzagen und die Königreiche fallen. Das Erdreich muss vergehen, wenn er sich hören lässt.

Kommt her und schaut die Werke des Herrn, der auf Erden solch Zerstören angerichtet.

Er, der den Kriegen steuert in aller Welt, der Bogen zerbricht, der Spieße zerschlägt

und Wagen mit Feuer verbrennt.

Seid ruhig und erkennet, dass ich Gott bin!

Ich will Ehre einlegen unter den Heiden und auf Erden.

Der Herr Zebaoth ist mit uns, der Gott Jakobs unser Schutz.

Gott ist uns’re Zuversicht und Stärke,

eine Hilfe in den größten Nöten, die uns getroffen haben.

———- 13:58 ———-

Koessler schreibt zum Psalm in seiner Autobiographie:

„In der Erkenntnis, daß man den Schülern nur dann ein nützlicher Beirat werden kann, wenn man sich selbst in allen Gattungen und Arten der Musik versucht hat, ließ ich kein Feld der Musik unbebaut.. Aber alles blieb unter Schloß und Riegel, und niemals habe ich jemanden wegen der Aufführung meiner Werke belästigt.

Nur der Indiskretion eines Freundes, der die Partitur eines 16stimmigen Psalmes „Gott ist meine Zuversicht“ an den Wiener Tonkünstlerverein hinter meinem Rücken zur Preisbewerbung einschickte, kann ich es verdanken, daß mein Name als Komponist genannt wurde. Der Psalm erregte Aufsehen und wurde vom Tonkünstlerverein nach der Aufführung durch einen kleineren Chor einstimmig mit dem ersten Preise ausgezeichnet, und Gericke war gerne bereit, im nächsten Jahr in einem Gesellschaftskonzert der Musikfreunde das Werk mit dem großen Chor zu wiederholen. Brahms war dem Werke ein warmer Fürsprecher und würdigte mich eines vertraulicheren Umgangs.

Dieser Erfolg gestattete Gericke, in der nächsten Saison ein anderes, größeres Werk zur Aufführung zu bringen. Es waren die „Sylvesterglocken“, ein weltliches Requiem für Chor, Soli und Orchester, welches sich der gleich günstigen Aufnahme wie der Psalm zu erfreuen hatte. Auch Dr. Wüllner in Köln, Karl Nickisch in Leipzig und Siegfried Ochs in Berlin brachten das Werk zur Aufführung. Letzterer vermittelte die Drucklegung durch Fürstner.

Weitergehender Beachtung erfreuten sich die Orchestervariationen, die in fast allen Musikzentren Europas und Amerikas aufgeführt wurden.


Track 17 „Salvum fac regem“

Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn genannt „Sisi“ gewidmet und zur alleinigen Aufführung anlässlich ihres Namenstages in ihrem Lieblingsschloss Gödöllő von Koessler vorgesehen!

File:Elisabeth of Austria, by Franz Xaver Winterhalter.jpg
Elisabeth von Österreich-Ungarn
Wikimedia – Public Domain U.S.

Domine salvum fac regem

Domine salvum fac regem (auch: Domine salvum fac regem nostrum, Domine salve fac regem) war ein Lobgesang auf den Regenten. Die wörtliche Übersetzung lautet: Herr (Gott), segne den König. Domine salvum fac regem steht hier und auch im Zusammenhang mit dem Anklag-Akte 1850 nur als „Titel“ für das Lied. Der volle Text lautet:

Domine, salvum fac regem

et exaudi nos in die qua invocaverimus te.

Gloria Patri et Filio,

et Spiritui Sancto.

Sicut erat in principio

et nunc et semper et in saecula saeculorum,

amen.

Übersetzung:

Gott segne den König

und antworte uns wenn wir dich anrufen.

Glorie für Vater und Sohn,

und den heiligen Geist.

So war es im Anfang

und nun und immer und in alle Ewigkeit,

Amen.

Als König konnte bei religiöser Auslegung des Liedes die katholische Kirche gemeint sein. In diesem Sinne wohl auch das Singen anlässlich der Pfingstfeiern in Alsterweiler und Maikammer. Der Regent konnte aber auch das staatliche Oberhaupt sein, so beim Singen im Zusammenhang mit dem französischen König. Bei Anwendung auf die katholische Kirche, auf das Vaterland o.a. wäre streng genommen die Form „regem“ anzupassen. So z.B. im Falle „Kirche“ auf „ecclesiam“, also „Domine, salvum fac ecclesiam“.

In Frankreich wurde das Lied zum Abschluss einer jeden katholischen Messe gesungen. Dies galt etwa ab dem 18. Jahrhundert bis zum Ausbruch der französischen Revolution.